Pressenbau im Großformat wird Standard
Was Ende der neunziger Jahre begann und sich zum Jahrtausendwechsel verstärkte, ist das Interesse an Fertigungseinheiten für großformatige Formteile. Längst sind Presskräfte von 100.000 kN und mehr erreicht. Heute werden mehr als 15 Quadratmeter große Produkte auf WICKERT Pressen gefertigt.
Der in Landau/Pfalz beheimatete Weltmarktführer des Elastomer-Pressenbaus hat sehr viel Know-How bei der Entwicklung und Fertigung großer Pressen gesammelt. Beispiele und Besonderheiten rund um das Thema "Großpresse" präsentiert dieser Beitrag.
Bereits 1999 setzte eine Presse zur Herstellung von Teflon-Halbzeugen in Form von Platten und Ringen eine Europa- vielleicht sogar eine Weltrekordmarke: Diese Teflonpresse aus der WKP Baureihe kann Platten mit einer maximalen Abmessung von 3.000 x 3.000 mm oder Ringe mit einem Durchmesser von bis zu 3.000 mm produzieren.
Für Hochleistungs-Dichtungen mit 2.000 mm Durchmesser
Nach nur 10-monatiger Entwicklungs- und Bauzeit wurde 2006 eine 5.000 kN - WKP S - Oberkolbenpresse mit einem Gewicht von 122 Tonnen und den Abmessungen eines kleinen Hauses im Reinraum eines Kunden im britischen Blackburn installiert. - Weltrekord für Reinraumpressen.
Die Presse dient der Herstellung von Hochleistungs-Dichtungsformteilen aus Kautschuk mit bis zu zwei Metern Durchmesser. Diese Großdichtungen werden primär gefertigt für den Einbau in Schiffsdieselmotoren und Generatoren sowie in Anlagen der Öl- und Gasindustrie.
Großpressen werden Standard
Um derart große Maschinen überhaupt bauen zu können, errichtete WICKERT bereits 2003 eine zusätzliche, mittlerweile erweiterte Fertigungshalle. Mit 15 m Höhe und der Möglichkeit, Gewichte von Einzelbauteilen von 50 Tonnen und mehr zu handhaben, besitzt WICKERT damit neben dem Know-How auch die organisatorisch-/technischen Möglichkeiten, höchst effiziente Großpressen zu fertigen. Heute konzipiert und baut WICKERT pro Jahr zwischen 80 und 100 Pressen mit oberen Schließkraftbereichen > 110.000 kN.
Der Markterfolg der Großpressen aus Landau fußt auf einer ganzen Reihe von Faktoren. Thomas Klimpl, Marketing-Leiter, sagt dazu: "Wir konnten durch den frühen Einsatz von 3D Finite-Elemente-Konstruktions- und Berechnungs-Software die Bauweise unserer Pressen optimieren und höchstmögliche Stabilität bei enormer Gewichtseinsparung realisieren. Hinzukommt, dass wir innovative Automatisierungskonzepte für Großbauteile entwickelten und heute nicht nur das zentrale Bauteil "Presse" anbieten, sondern alle erforderlichen Peripheriebauteile. Das geht vom Handhabungs- und Transportsystem bis hin zu Heiz-/Kühlsystem mit bis zu 5.000kW Heizleistung. WICKERT ging den Weg vom Maschinenbau zum Anlagenbau. Die Auslegung unserer Pressen nach den Anforderungen der Industrie 4.0 Produktion ist für uns seit vielen Jahren Standard."
Individuelle Lösungen
Wie individuell und intelligent Großpressenlösungen aussehen können, zeigt die größte in Deutschland arbeitende Vakuumkammerpresse. Die 1.600 Tonnen-Presse fertigt unterschiedliche Produkte in Kleinserien von 1 bis 50 Stück und ist zur Verarbeitung unterschiedlicher Materialien ausgerüstet. Der Doppelschiebetisch der Presse erhöht die Presskapazität deutlich. Die ungewöhnlich niedrige Bedienhöhe für eine Presse dieser Größe von nur 875 mm wird dank Oberkolbenausführung und optimiertem Säulengestell ohne Grube und ohne Podest erreicht! Die 4-Säulen Oberkolbenpresse des Typs WKP 16.000 S besitzt Heizplatten mit 2.000 mm Durchmesser und eine Elastomer-Sondersteuerung. Drei Dampfregelkreise überwachen Temperatur-Soll- und Istwert sowie den Dampfdruck. Ein optimales Schließprofil aber auch bestmögliche Zykluszeit wird durch die intelligente Prozesssteuerung bei der Umschaltung in den Pressgang erzielt.
Auf dieser WKP 16.000 S können dank zwei völlig autarken Maschinenprogrammen zwei unterschiedliche Werkzeuge mit jeweils verschiedenen Pressparametern gefahren werden. Via VPN-Verbindung mit dem WICKERT Diagnosezentrum verbunden, tauscht die Vakuumkammerpresse instandhaltungsrelevante Daten aus und leistet Zeit und Kosten sparende Hilfe zur Sicherung hoher Anlagenverfügbarkeit.
Für absolute Null-Fehler-Fertigung
30.000 kN „schwer“ und kein bisschen träge ist eine der größten Elastomer-Transfer-Pressen, die WICKERT für die US-amerikanischen Kunden aus dem Off-Shore Bereich auslieferte. Diese größte jemals gefertigte TM-Presse umfasst individuell ausgestattete Oberkolbenpressen für die Fertigung von Teilen mit großformatigem Durchmesser. Die Pressengröße lag bei 30.000 kN, bei einem Heizplattenformat von 3.000 x 3.000 mm. Höchste Fertigungsqualität war zu verwirklichen. Die auf den Pressen gefertigten Elastomer-Bauteile für leistungsstarke Dichtungen z.B. in sogenannte ,,blow out preventor‘‘ müssen „Zero Defect“ arbeiten.
In diesen Großdichtungen, sorgen die auf den Pressen gefertigten Teile dafür, die Bohrung auch dann sicher zu verschließen, wenn ein ungeplanter Druckanstieg im Bohrloch gefährlich zu werden droht.
Für diese Aufgabe ist das klassische Transfer Moulding-Verfahren ideal. Da die Transferzylinder dazu neigen, beim Öffnen zu verkanten, ist eine sehr präzise Synchronisation der hydraulischen Hubeinrichtung erforderlich. Dazu werden insgesamt vier doppelt wirkende Hydrozylinder hydraulisch synchronisiert, so dass auch extrem unterschiedliche Öffnungskräfte kein Verkanten des Transferzylinders auslösen können. Mit jedem Hub erfolgt die automatische Nullung des Gesamtsystems, um eine Kumulation von Parallelitätsfehlern zu kompensieren. Eine Vorstellung von den Teilegewichten geben die Transporteinrichtungen: Sie sind mit einer Tragkraft von je 10.000 kg ausgestattet.
Optimale, exakt geregelte Temperaturverteilung
Ein Garant für das Erreichen der geforderten hohen Produktqualität sind die aus dem Vollen gebohrten, elektrisch beheizten und sehr genau angesteuerten „Iso-Temp“ Heizplatten. Um ungleichmäßige Vulkanisationsgrade oder Vulkanisationszeiten zu verhindern, muss sich in Werkzeug und Form, ein gleichmäßiges Temperaturniveau einstellen. Das von WICKERT über Jahrzehnte ständig weiter entwickelte Heizplattenkonzept sorgt dank der 9-Zonenregelung für homogene Temperaturverteilung. Auch bei den großen Heizplatten der 30.000 kN-Presse wird eine Genauigkeit der Temperaturverteilung von + 2% erreicht. Sensoren erkennen den Ausfall eines Heizstabes und geben Fehlermeldung, so dass eine drohende Temperaturveränderung durch Ausfall von Heizelementen an den mit ca. 500kW Heizleistung ausgestatteten Platten sofort – und nicht erst am Produkt registriert wird. Intelligent ist auch die Überwachung der Temperaturdifferenz im Aufheizvorgang. Der maximale Temperaturunterschied zwischen Transferkolben und Transfertopf ist auf 10°C beschränkt. Damit sind Beschädigungen von Werkzeug oder Transfersystem durch zu große Temperaturunterschiede ausgeschlossen. Zusätzliche Sicherheit bietet die redundante Ausführung der Temperatursensorik.
Kompressionspressen für höchste Ansprüche
Den größten Einzelauftrag in der mehr als 110-jährigen Unternehmensgeschichte über rund 5 Millionen Euro realisierte WICKERT im Rahmen der Entwicklung und des Baus von acht großformatigen Kompressionspressen zur Herstellung hochbeanspruchter Elastomerbauteile für den Einsatz bei Offshore-Bohrungen. Der Auftrag umfasst fünf WKP 15.000 S sowie drei WKP 21.000 S mit 1.300 mm bzw. 1.900 mm Heizplatten-Durchmesser.
Energiesparend konzipiert
Neben den Schlagworten Digitalisierung und Automatisierung spielt die Kosteneffizienz eine wichtige Rolle bei allen Überlegungen zur jeweiligen Großpressenkonzeption. Individuell auf die Fertigungsaufgabe ausgerichtet, wird die Anlage so energieeffizient wie möglich ausgelegt.
Die WICKERT Ingenieure und Techniker sehen sich in der Hinsicht als Energieberater und legen hydraulische sowie elektrische Baugruppen entsprechend den geforderten Prozessparametern so aus, dass eine optimale Energienutzung und -einsparung erreicht wird.
Fazit:
Die WICKERT WKP Pressen-Baureihe ist spezialisiert auf die Herstellung von Formteilen aller Art. Das flexible Baukastensystem erfüllt unterschiedlichste Kundenwünsche, gleich ob Compression Moulding, Transfer Moulding oder Injection Transfer Moulding, - wenn gewünscht, auch im absoluten Großformat oder in Reinraum-Version. Die kompletten Fertigungseinheiten sind dank des besonderen Baukastenkonzepts, gemessen an Anlagengröße und -Umfang, schnell entwickelt und realisiert.
Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte an Herrn Thomas Klimpl, Email: t.klimpl@wickert-presstech.de